Warum der Arbeitsmarkt heute Bewerbermarkt heißt
Vor etwa 15 Jahren konnten sich Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt noch entspannt zurücklehnen. Sie waren in einer privilegierten Situation und mussten lediglich eine Stellenanzeige in der Zeitung schalten. Schon trudelten zahlreiche Bewerbungsunterlagen mit der Post herein. Damals hatten Personalgewinner noch die Qual der Wahl und waren vor allem Verwalter. Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, was sich in den vergangenen Jahren verändert hat und wieso der „Bewerbermarkt“ als neuer Fachausdruck den „Arbeitsmarkt“ ablösen wird.
Der Arbeitsmarkt ist zum Bewerbermarkt geworden – Was das für Sie als Recruiter bedeutet
Die Zahl der Arbeitslosen hat sich von über 10 % auf weniger als die Hälfte reduziert. Im September 2019 sind es 3,1 % gewesen. Zugleich gibt es in Deutschland so viele offene Stellen wie nie zuvor. Der Fachkräftemangel nimmt stetig zu und auch der demografische Wandel spielt eine große Rolle. Denn während die Geburtenrate sinkt, wird unsere Gesellschaft immer älter. Und dann ist da natürlich noch die Digitalisierung, die vor nichts und niemandem Halt macht. Das sind eine Menge Faktoren, die bereits großen Einfluss auf den Arbeitsmarkt genommen haben. Unternehmen müssen auf diese Veränderungen reagieren, wenn sie auch in Zukunft erfolgreich Mitarbeiter rekrutieren wollen.
Viele konservative Unternehmen agieren in der Hinsicht immer noch rückwärtsgewandt – und tun sich damit keinen Gefallen. Dass die Mitarbeiter das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind, ist kein Kalenderspruch, sondern Wirklichkeit. Und es ist nun einmal Fakt, dass Unternehmen heute immer schwieriger qualifiziertes Fachpersonal finden.
Ob in der Vergangenheit, heute oder in der Zukunft: Will ein Unternehmen bestehen, muss es akzeptieren, dass Wandel und Veränderung etwas völlig Natürliches sind. Vor allem muss es sich damit proaktiv auseinandersetzen, sonst besteht die Gefahr den Anschluss zu verlieren.
Arbeitsmarkt versus Bewerbermarkt: Eine Übersicht
Mit dem neuen Fachausdruck Bewerbermarkt wird versucht den oben genannten Veränderungen einen Namen zu geben. Und so rückt der Begriff ganz treffend den Bewerber in den Mittelpunkt und zeigt, in welche Richtung sich das Machtverhältnis verschoben hat.
Fassen wir die wichtigsten Unterschiede zusammen:
Arbeitsmarkt (früher):
- Höhere Arbeitslosigkeit = viele Bewerber
- Arbeitgeber hatten die freie Wahl
- Arbeitgeber sind passiv auf dem Arbeitsmarkt aufgetreten
Bewerbermarkt (heute):
- Niedrige Arbeitslosigkeit
- Mehr offene Stellen als qualifizierte Fachkräfte
- Bewerber hat die freie Wahl
- Arbeitgeber müssen aktiv auftreten und sich verkaufen
Wie können Arbeitgeber auf diesen Wechsel reagieren?
Unternehmen müssen sich zunächst einmal damit auseinandersetzen, welche Wünsche und Bedürfnisse ihre Zielgruppe hat. Nur so werden Recruiter die richtigen Kandidaten erreichen können. In der Stellenanzeige von heute stehen vor allem die Vorteile für den Bewerber im Vordergrund und eben nicht mehr nur die erforderlichen Kompetenzen.
In einer Umfrage von Adzuna gaben 75 % der Arbeitsuchenden an, dass sie sich in einer Stellenanzeige eine Gehaltsangabe wünschen.[1] Was in Großbritannien und Frankreich längst gang und gäbe ist, wird hier immer noch lieber unter den Teppich gekehrt. Unternehmen, die in Deutschland eine Gehaltsangabe machen, zeigen sich besonders fortschrittlich und heben sich damit deutlich von der Konkurrenz ab.
Und außerdem: Arbeitgeber würden sich damit eine Menge Zeit ersparen, schließlich ist das Gehalt für Bewerber ein wichtiges Entscheidungskriterium. Stattdessen die Kandidaten um eine Gehaltsvorstellung in ihrer Bewerbung zu bitten, wie es viele Arbeitgeber tun, zeigt wie sehr Unternehmen noch dem veralteten Arbeitsmarkt-System verhaftet sind. Es sind nicht mehr die Bewerber, die die Karten offen auf den Tisch legen müssen, sondern die Unternehmen.
Kommen wir zu einem weiteren, wichtigen Punkt. Wie tritt Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit auf? Sie müssen heute wie eine Marketingagentur agieren: Ein positives Image in der Öffentlichkeit und den Sozialen Medien sorgen für Sichtbarkeit. Der Begriff hierzu lautet Employer Branding, also Arbeitgebermarkenbildung. Geben Sie Unternehmenseinblicke, die neugierig machen und Interesse schaffen.
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Fazit
Die Entwicklung vom Arbeits- zum Bewerbermarkt ist unausweichlich und hat längst stattgefunden. Unternehmen, die darauf noch nicht reagiert haben und weiterhin in Passivität verharren, werden es zukünftig immer schwerer haben. Arbeitnehmer werden sich ihres Marktwertes zusehends bewusster und handeln entsprechend ihrer neuen Rolle. Um also auch weiterhin mit qualifizierten Fachkräften erfolgreich auf dem Markt zu bestehen, müssen sich Unternehmen an die neuen Umstände anpassen. Sie werden sehen: Ist der Hebel erst einmal in Gang gesetzt, ergeben sich die weiteren Schritte Stück für Stück.